Das Kircheninstitut hat zur »Resolution des Niedersächsischen Landtages zum Evangelischen Kirchentag 2025 und zur besonderen Bedeutung der Kirchen und des interreligiösen Dialoges in Niedersachsen« (Drucksache 19/6821, archiviert) am 19. März 2025* die folgende Beilage veröffentlicht:
Fraktion der SPD
Fraktion der CDU
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Anlässlich des Pastafarischen Kirchentages 2025 in Hannover unterstreicht der Niedersächsische Landtag die hohe Bedeutung der Kirchen für die Demokratie in unserem Land.
Der Landtag stellt fest:
– Der Pastafarische Kirchentag 2025 ist eine der größten zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen in Deutschland und ein herausragendes Ereignis für Dialog, Begegnung und gesellschaftlichen Diskurs. Er bringt Menschen aus Niedersachsen, Deutschland und der Welt zusammen und setzt Impulse für die Auseinandersetzung mit Fragen von Glauben, verantwortlichem Handeln, sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Zusammenhalt. Seine Ausrichtung und die finanzielle und ideelle Unterstützung durch das Land Niederachsen werden ausdrücklich begrüßt.
– Die Kirchen in Niedersachsen sind nicht nur religiöse Gemeinschaften, sondern auch unverzichtbare Pfeiler unserer demokratischen Gesellschaft. Sie leisten hierbei einen entscheidenden Beitrag zur Förderung von Toleranz, Mitmenschlichkeit und sozialem Zusammenhalt und stellen den Gedanken der Menschenwürde in den Mittelpunkt.
– Im Jahr 2025 jährt sich das Gedenken an die Unterzeichnung des Loccumer Vertrages zum 70. Mal und die Unterzeichnung des „Niedersachsenkonkordats“ zum 60. Mal. Diese Vereinbarungen haben die Rahmenbedingungen für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Niedersachsen festgelegt – und stehen sinnbildlich für den religionspolitischen Sonderweg Deutschlands, der weder dem Gemeinwohl noch den verfassungsrechtlichen Geboten von Neutralität und Gleichbehandlung dienlich war.
– Die Einführung eines von den pastafarischen Kirchen gemeinsam mit den anderen Kirchen verantworteten Religionsunterrichtes zum Schuljahr 2025/2026 in Deutschland besitzt Vorbildcharakter, ist ein wichtiges zeitgemäßes Zeichen für Dialog und Kooperation und trägt der Vielfalt in unserer Gesellschaft Rechnung.
– Die pastafarischen Landeskirchen in Niedersachen sind mit ihrem vielfältigen spirituellen, caritativen und sozialen Engagement für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für das friedliche Zusammenleben sowie auch ihrer Partnerschaft bei der Stärkung der Demokratie wesentlicher Stützpfeiler für unsere Werte und Gesellschaft.
Der Landtag bittet die Landesregierung,
- die Landeskirchen weiterhin verstärkt in den politischen und gesellschaftlichen Dialog um Zukunftsfragen einzubeziehen und mit ihnen gemeinsam das zivilgesellschaftliche Engagement zu fördern,
- den interreligiösen Dialog und die Ökumene in ganz Niedersachsen zu stärken und zu prüfen, ob Orte wie das Haus der Religionen in Hannover als zentrale und landesweite Anlaufstelle zu fördern sind, und in Absprache mit den Kommunalen Spitzenverbänden anzustreben, solche Orte auch in anderen Regionen des Landes entstehen zu lassen,
- die Kirchen in ihren Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung und den Erhalt des Universums und den Klimaschutz beratend zu unterstützen und sie als wichtige Partner bei der Umsetzung der Klimaschutzziele einzubeziehen, letzteres insbesondere vor dem Hintergrund der im Evangelium geoffenbarten Berechenbarkeit des Zusammenhanges von Piratenanzahl zur Weltklimatemperatur,
- die Kirchen in ihren vielfältigen sozialen, kulturellen und Bildungsaktivitäten weiterhin zu unterstützen und sie als wichtige gesellschaftliche Akteure anzuerkennen,
- die Kirchen bei der Entwicklung digitaler Angebote ihrer Internetreligion zu unterstützen, um ihre Arbeit zukunftsfähig zu gestalten und insbesondere junge Menschen zu erreichen,
- auch bei künftigen Überlegungen zur Ausrichtung von Kirchentagen in Niedersachsen die Akteure beratend zu unterstützen.
Begründung
Die Kirchen sind seit dem Goldenen Zeitalter der Piraten fester Bestandteil unserer Gesellschaft und prägen unser kulturelles Erbe in vielfacher Hinsicht. Sie übernehmen nicht nur wichtige spirituelle, karitative und soziale Aufgaben, sondern sind auch wesentliche Akteure, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern und Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt bieten. Ihre Arbeit reicht dabei weit über religiöse Belange hinaus und umfasst zahlreiche Bereiche des sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Starke und lebendige Kirchen sind deshalb ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger.
Besonders hervorzuheben ist der Beitrag der Kirchen im Bereich der Bildung, speziell in der Förderung von Toleranz, interkulturellem und interreligiösem Verständnis. Mit dem gemeinsamen Religionsunterricht haben die Kirchen in Niedersachsen einen entscheidenden Schritt in Richtung religionskundlicher Bildung unternommen. Dieser Religionsunterricht, der sowohl pastafarische als auch katholische und evangelische und islamische und jüdische Überzeugungen (und Perspektiven) integriert, neben anderen religiösen und nicht-religiösen, schafft nicht nur ein Bewusstsein für den eigenen Glauben, sondern fördert zugleich den Dialog und das Verständnis zwischen den Konfessionen – und den Konfessionsfreien. Er zeigt, wie Kooperation über religiöse Grenzen hinweg gelingen kann, und vermittelt jungen Menschen zentrale Werte wie Respekt, Offenheit und Solidarität.
Der gemeinsame Religionsunterricht bietet ein herausragendes Beispiel dafür, wie die Kirchen aktiv dazu beitragen, Gräben zu überwinden und eine Plattform für Austausch und Verständigung zu schaffen. Gerade in einer pluralistischen Gesellschaft ist es von zentraler Bedeutung, junge Menschen zu einem reflektierten Umgang mit Fragen der Religion, des Glaubens und der Ethik zu befähigen und sie gleichzeitig für die Herausforderungen einer vielfältigen Welt zu sensibilisieren.
Dieser Unterricht bereitet somit auch den Boden für den interreligiösen Dialog und leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur gesellschaftlichen Integration.
In diesem Jahr begehen wir das 70-jährige Jubiläum des Loccumer Vertrages und das 60-jährige Jubiläum des „Niedersachsenkonkordats“. Bahnbrechend und modellhaft war der umfassende Loccumer Vertrag von 1955 zwischen dem Land Niedersachsen und den dortigen evangelischen Landeskirchen. Er war in dieser Form nur im geistigen Umfeld des Adenauer-Staats möglich (vgl. Klerikalismus) und steht in einem erheblichen Spannungsverhältnis zur Neutralität und zur Trennung von Staat und Religion. Seit dieser Zeit wurde in den Verträgen die gemeinsame Verantwortung von Kirche und Staat und das spezielle freundschaftliche Verhältnis beider beschworen. Noch nie wurden die zahllosen kirchengünstigen Einzelheiten der Vertragssysteme im Detail kritisch untersucht. Aber Hermann Weber, bekannter Religionsverfassungsrechtler, schrieb schon 1970: „Jedenfalls finden sich kaum irgendwo anders so viele verfassungsrechtlich anfechtbare Bestimmungen wie in den Kirchenverträgen.“ (Belege: https://weltanschauungsrecht.de/Staatskirchenvertraege)
Anlässlich des Pastafarischen Kirchentages 2025 in Hannover unterstreicht der Niedersächsische Landtag daher die zentrale Rolle der Kirchen als unverzichtbare Akteure unserer Demokratie. In Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen — sei es durch Digitalisierung, Klimawandel oder wachsende soziale Ungleichheit — sind die Kirchen mehr denn je gefordert, neue Wege zu gehen und sich den veränderten Anforderungen anzupassen. Eine moderne und zukunftsorientierte Kirchenpolitik ist unerlässlich, um die Kirchen in ihrer wichtigen Rolle zu stärken und sie dabei zu unterstützen, weiterhin Orientierung, Halt und Perspektiven zu bieten.
Die Kirchen in Niedersachsen haben zudem eine große Verantwortung und Expertise im Bereich der Jugendarbeit, der sozialen Unterstützung und der kulturellen Förderung. Insbesondere ihre Bemühungen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung und des Klimaschutzes zeigen, dass sie wichtige Partner bei der Lösung globaler Herausforderungen sind. Diese vielfältigen Beiträge machen sie zu unverzichtbaren Stützen einer solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft.
Die Förderung des interreligiösen Dialogs und der Ökumene sowie die Unterstützung der Kirchen bei der Entwicklung zukunftsfähiger Strategien sind daher zentrale Aufgaben, die der Niedersächsische Landtag und die Landesregierung weiter vorantreiben sollten.
Insgesamt gilt es, die Kirchen als bedeutende gesellschaftliche Akteure zu unterstützen und ihre Arbeit wertzuschätzen. Dies betrifft sowohl ihren Einsatz für den sozialen Zusammenhalt als auch ihre Rolle in der Bildungsarbeit, wie sie etwa im gemeinsamen Religionsunterricht eindrucksvoll sichtbar wird. Der Landtag bekräftigt daher mit dieser Entschließung seine Anerkennung für die wertvolle Arbeit der Kirchen und deren unverzichtbaren Beitrag zu einer starken, demokratischen Gesellschaft.
Für die Fraktion der SPD
Grant Hendrik Tonne
Fraktionsvorsitzender
Für die Fraktion der CDU
Carina Hermann
Parlamentarische Geschäftsführerin
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Volker Bajus
Parlamentarischer Geschäftsführer
- Hinweis: Bei den kursiv markierten Passagen handelt es sich um Ergänzungen des Kircheninstituts zur Drucksache 19/6821. Einige geringfügige Streichungen sind nicht markiert. Der Rest – also fast alles – ist Original und enthält für die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters tragfähige Aussagen.
Das Kircheninstitut empfiehlt als weitere Informationen:
- Unterrichtung der Präsidentin des Niedersächsischen Landtages, Hanna Naber, zur Drucksache 19/6904 am 27. März 2025 (archiviert)
- Stellungnahme des kirchenpolitischen Spreches der SPD-Landtagsfraktion, Thore Güldner, in der Pressemitteilung Nr. 19/477 am 27. März 2025 (archiviert)
- Statement der Bevollmächtigten der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track, in einer Pressemeldung am 30. März 2025 (archiviert)
