
Anlässlich der Beerdigung von Papst Franziskus am 26. April 2025 (nach Christus)* reisten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gemeinsam nach Rom. Beide sind evangelischer Konfession.
Der Ministerpräsident und Vorsitzende der Christlich-Sozialen Union (CSU) informierte auf verschiedenen sozialmedialen Kanälen: »Gerade in Rom gelandet: Nun geht es im Konvoi mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den Vatikan zu den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst Franziskus.« Dabei zeigte er sich zusammen mit dem Bundespräsidenten – beide lachend – offenbar in Vorfreude.

Zahlreiche Politiker verschiedener Parteien äußerten sich ablehnend. Der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), selbst ein bekannter Lacher, nannte es »verstörend« und verortete in Rom einen »Selfie-Kult«. Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) warf Söder vor, »Infantilisierung und Banalisierung« zu verbreiten. Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch (nicht religiös) kommentierte:
»Eine Spur zu fröhlich für eine Trauerfeier. Finde ich.«
Dem Instagram-Kanal der Grünen-Politikerin Ricarda Lang war zu entnehmen:
»Das C in CSU steht für cringe. Und das S für Selfie. Und das U für unerträglich.«
Ein Sprecher des Bundespräsidenten erklärte später, es sei der Ministerpräsident gewesen, der das Foto gemacht habe, und es sei eine spontane Aktion gewesen. Steinmeier habe nicht gewusst, dass Söder es umgehend im Zusammenhang mit der Trauerfeier veröffentlichen würde.
Für das Kircheninstitut liegt die Relevanz des Vorgangs nicht primär in der medialen Präsentation Söders, sondern in der Frage öffentlicher Pietät und Repräsentationskultur bei religiösen Großereignissen, insbesondere im interreligiösen Kontext. Joseph Capellini, Gründungsdirektor des Kircheninstituts, ordnet ein:
»In der katholischen Kultur sind Beerdigungen ernste Anlässe, auch wenn viele davon ausgehen, dass Papst Franziskus heute an einem besseren Ort ist als im Vatikan. Steinmeier und Söder waren sich – trotz all ihrer Expertise als herausgehobene staatskirchliche Vertreter ihrer Konfession – offenbar der Bedeutung und Symbolik von Beerdigungen im Katholizismus nicht in vollem Umfang bewusst. Die Wirkung ihres Auftrittes in Rom zeigt: Die Symbolkraft ihrer Gesichtszüge und Gesten bei der Beerdigung eines Oberhaupts einer anderen Konfession darf nicht unterschätzt werden. Gleichzeitig offenbaren die gesellschaftlichen Reaktionen etwas Positives: Fragen nach religiöser und menschlicher Sensibilität sowie nach öffentlicher Würde stoßen auch heute noch auf breite Resonanz. Dies bestärkt und motiviert uns im Kircheninstitut bei der Erforschung der evangelischen und katholischen Perspektiven auf den Tod und den interreligiösen Dialog bei Großereignissen.«
Söder zeigte sich bislang unbeeindruckt. In einer Stellungnahme betonte er, Papst Franziskus habe gewollt, dass man nicht in starren Ritualen verharre, sondern lebendig und menschenorientiert bleibe. Verbunden mit den Hashtags #trauer #abschied #franziskus #papst #vatikan #rom teilte er zudem mit:
»Sehr bewegende Momente in Rom kurz vor Beginn des Requiems. Wir werden Papst Franziskus sehr vermissen. Es ist ergreifend, wie viele Menschen sich gleich hier am Petersplatz im Vatikan und weltweit zuhause vor den Fernsehern von ihm verabschieden werden.«

Das Kircheninstitut empfiehlt zur vertiefenden Lektüre:
- BR: »Politiker erweisen Franziskus die letzte Ehre – Kritik an Söder«, 26. April 2025
- Gala: »Heftige Kritik für Selfie – kurz vor Trauerfeier von Papst Franziskus«, 26. April 2025
- Süddeutsche Zeitung: »Trauerfeier für Papst Franziskus: Kritik an Söder nach Selfie aus Rom«, 26. April 2025
- taz: »Kritik an Söder-Selfies. Ich und der Papst«, 27. April 2025
- Welt: : »Kritik an Söder – „Beerdigungs-Reiseselfies haben doch etwas recht Würdeloses”«, 26. April 2025