Pastafaritum und Pastafarianismus: eine notwendige Differenzierung

Das Pastafaritum ist klar vom Pastafarianismus zu unterscheiden, argumentiert Prof. Dr. theol. Ludwig Ramen in diesem Beitrag für das Kircheninstitut. Nur eine präzise begriffliche Abgrenzung ermögliche eine verlässliche religionswissenschaftliche Analyse und trage zu einer öffentlichen Debatte ohne fundamentale Missverständnisse bei.

In einem aktuellen Beitrag für das Kirchenin­sti­tut hat Prof. Dr. the­ol. Lud­wig Ramen aufgezeigt, dass in der reli­gion­swis­senschaftlichen Diskus­sion die Begriffe »Pasta­far­i­tum« und »Pasta­far­i­an­is­mus« häu­fig unpräzise oder gar falsch ver­wen­det wer­den. Seine Aus­führun­gen stützt er dabei im Wesentlichen auf Joseph Capelli­nis Werk »Ein­führung in das Pasta­far­i­tum« und argu­men­tiert, dass diese Begriffe – obwohl sie in engem Zusam­men­hang ste­hen – klar voneinan­der abge­gren­zt wer­den müssen, um den inneren, geistlichen Kern des Glaubens von dessen äußer­er, insti­tu­tioneller Man­i­fes­ta­tion zu tren­nen.

Pastafaritum

Der Begriff des »Pasta­far­i­tum« (vgl. Chris­ten­tum), der im Übri­gen im Gen­i­tiv nicht gebeugt werde (vgl. Islam), beschreibt die innere, spir­ituelle Glaubens­grund­lage der Pasta­fari und ihre Ver­fass­theit gegenüber dem Fliegen­den Spaghet­ti­mon­ster (FSM). Es beruhe unmit­tel­bar auf dem Evan­geli­um (nach Bob­by). Auf­schlussre­ich sei, so Ramen, dass Capelli­ni seine »Ein­führung« mit dem fol­gen­den Fra­genkom­plex beginne:

»Was ist das eigentlich, „Pasta­far­i­tum“?
Es dürfte nüt­zlich sein, dieser Frage zwei the­ol­o­gis­che Fra­gen voranzustellen:
Wo wäre das Fliegende Spaghet­ti­mon­ster ohne das Evan­geli­um (nach Bob­by)?
Wo wäre Jesus ohne die Evan­gelien (nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes)?«

Capelli­ni betone im ersten Kapi­tel seines Werks – ins­beson­dere im Unterkapi­tel »Zweifel und Glaube – die Sit­u­a­tion des Men­schen vor der Gottes­frage« – dass das Pasta­far­i­tum sich auf die »geistlichen Aspek­te der pasta­farischen Reli­gion« beziehe. Die präzise, method­isch-kri­tis­che Analyse des Evan­geli­ums bilde dabei die wis­senschaftliche Grund­lage für das Ver­ständ­nis des Pasta­far­i­tum.

Pastafarianismus

Im Unter­schied dazu beze­ich­net der Begriff »Pasta­far­i­an­is­mus« jene äußeren Erschei­n­ungs­for­men des Glaubens, die in der gesellschaftlichen Real­ität sicht­bar wer­den, die »die weltliche, eine dezi­diert poli­tis­che Form des Pasta­far­i­tum, die gesellschaftliche Ziele im Namen der Reli­gion durchzuset­zen sucht«. Capelli­ni erläutere in sein­er »Ein­führung« im fün­ften Kapi­tel (»Die kirch­liche Gestalt des Glaubens«) – im Unterkapi­tel »Pasta­far­i­an­is­mus als Repräsen­ta­tion des Pasta­far­i­tum« – dass hier nicht nur insti­tu­tionelle Struk­turen wie Kirchen, Tem­pel, Moscheen und Kult­stät­ten gemeint sind, son­dern auch die poli­tis­chen, juris­tis­chen, wirtschaftlichen und sozialen Aktiv­itäten, die den pasta­farischen Glauben in der öffentlichen Sphäre ver­ankern. Ramen zitiert aus­führlich Capelli­ni:

»Dem Pasta­far­i­an­is­mus kommt eine poli­tisch-pro­gram­ma­tis­che Bedeu­tung zu – oft zu den bere­its im Evan­geli­um beschriebe­nen Zusam­men­hän­gen mit dem Kreation­is­mus, Protes­tantismus, Evan­ge­likalis­mus, Katholizis­mus, Chris­tian­is­mus, Islamis­mus, Hin­duis­mus, Bud­dhis­mus und Donald­is­mus. Der Ismus im Pasta­far­i­an­is­mus ist keineswegs so zu deuten, dass es sich um starre und nicht wand­lungs­fähige Dog­ma­ta im Pasta­far­i­tum han­dele. So ist das Pasta­far­i­tum in sein­er Essenz nicht dog­ma­tisch. Wenn man von Dog­ma sprechen will, so hat das Pasta­far­i­tum das Dog­ma, kein Dog­ma zu haben. Das Pasta­far­i­tum ist adog­ma­tisch. Manche sagen sog­ar, es sei anti-dog­ma­tisch oder dog­men­feindlich. Je nach Lesart und kul­turell-religiös­er Vor­bil­dung schwingt all dies dur­chaus im Pasta­far­i­tum mit, dog­ma­tisch ist es jeden­falls nicht. Alles andere wäre ein gän­zlich­es Missver­ste­hen des Evan­geli­ums (nach Bob­by). Auch darf zur Ver­bre­itung kein Zwang aus­geübt und keine Gewalt angewen­det wer­den, auch nicht mit guten oder besten Absicht­en. Insofern unter­schei­det er sich gän­zlich von anderen Ismen.«

Die reli­gion­swis­senschaftliche Betra­ch­tung zeige hier, so Ramen, dass der Pasta­far­i­an­is­mus, obwohl er auf dem unverän­derten Kern des Glaubens beruht, in vielfältiger Weise in den All­t­ag ein­greift und dadurch auch Kri­tik und Gegen­be­we­gun­gen, wie Capelli­ni im siebten Kapi­tel (»Neg­a­tive Pasta­farolo­gie«) im Unterkapi­tel »Wider Antipasta­far­i­an­is­mus, Pasta­fa­ri­pho­bie und antipasta­farischem Ras­sis­mus« dargestellt, aus­löst.

Religionswissenschaftliche Differenzierung

Die klare Tren­nung zwis­chen Pasta­far­i­tum und Pasta­far­i­an­is­mus ist aus reli­gion­swis­senschaftlich­er Sicht von entschei­den­der Bedeu­tung, betont Ramen. Die Unter­schei­dung zwis­chen dem geistlichen, inneren Glaubenskern – das Pasta­far­i­tum – von dessen extern­er Man­i­fes­ta­tion – dem Pasta­far­i­an­is­mus – ist wis­senschaftlich rel­e­vant, da sie Missver­ständ­nisse ver­hin­dert, die auftreten kön­nen, wenn man den Begriff »-ismus« pauschal als Syn­onym für die gesamte Reli­gion ver­wende. Ramen bedi­ent sich auch hier der his­torisch-kri­tis­chen Meth­ode Capelli­nis, die nicht vor bish­eri­gen Tabus zurückscheut:

»Im Ursprung­s­text des Evan­geli­ums wird undif­feren­ziert von „Pasta­far­i­an­is­mus“ oder – stilis­tisch weniger ele­gant – vom „FSMis­mus“ gesprochen, obwohl das Pasta­far­i­tum gemeint ist.«

Ramen stellt klar: Mit ein­er klar abge­gren­zten Begriff­s­paarung sei nicht nur der the­o­retis­chen Präzi­sion gedi­ent, son­dern auch der Weg für eine fundierte inter­diszi­plinäre Forschung geeb­net. Die method­isch-ratio­nal-wis­senschaftliche Analyse des Pasta­far­i­tum in Verbindung mit der Betra­ch­tung des Pasta­far­i­an­is­mus ermögliche es, die his­torischen, sozialen und poli­tis­chen Dimen­sio­nen dieser Reli­gion trans­par­ent und nachvol­lziehbar darzustellen. Ramen kommt zu dem Schluss, dass die struk­turelle Umset­zung des Glaubens in der Gesellschaft vielfach kri­tisiert wer­den kann, ohne dass es die Kri­tik­er ver­mö­gen, den inneren spir­ituellen Kern des Pasta­far­i­tum zu berühren.